Es ist unbestritten, dass Referenzen und Empfehlungen bei der Besetzung von Führungspositionen einen hohen Stellenwert haben.
Aber wie gehen Personalberater und Executive Searcher konkret vor, wenn sie passende Referenzgeber suchen? Was ist zu bedenken, um ungewollte Unruhe beim momentanen Arbeitgeber zu vermeiden? Und werden in Deutschland bald auch, wie teilweise schon heute in den USA, bis zu zehn Referenzgeber erfragt?
Wer könnte diese Fragen besser beantworten als ein Executive Search Experte selbst? Diese Woche im Kurzinterview mit Karriereakademie.de: Jürgen van Zwoll, Partner bei der internationalen Personalberatung Odgers Berndtson.
"Herr van Zwoll, unsere erste Frage zum Stichwort Referenzen: Nicht selten verlassen Führungskräfte das Unternehmen, wenn es gehäuft Probleme und mangelhafte Zukunftsperspektiven beim momentanen Arbeitgeber gibt. Die langjährige gute Zusammenarbeit rückt dann aus emotionalen Gründen in den Hintergrund. Wirkt sich dies in der Bewerbungspraxis negativ aus, wenn nach Referenzgebern gefragt wird?"
"Die Frage nach Referenzen ist in der Bewerbungspraxis Standard. Insbesondere bei Führungspositionen ist hier mit valideren Ergebnissen zu rechnen als mit der Auswertung von Zeugnisunterlagen erreicht werden kann.
Deutlich sensibler ist die Frage, wie Referenzen aus dem aktuellen Umfeld zu erfassen sind. Häufig ist dies aus Diskretionsgründen nicht möglich.
Es kommt jedoch vor, dass zum Beispiel ehemalige Kollegen oder Vorgesetzte aus dem jetzigen beruflichen Umfeld eines Kandidaten auskunftsbereit sind und man somit einen besseren Einblick in das Wirken einer Führungskraft im aktuellen Umfeld erhalten kann."
"In manchen Presseberichten ist die Rede davon, dass Personalberater von Führungskräften bis zu zehn Referenzgeber erfragen. Ist dies gängige Praxis?"
"Es ist im Allgemeinen nicht üblich, zehn oder mehr Referenzgeber zu erfragen, zumindest ist dies nicht die Praxis von Odgers Berndtson.
Üblich sind drei bis vier Referenzen, idealerweise ein Referenzgeber, an den der Kandidat berichtet oder berichtet hat, ein Referenzgeber auf der gleichen Hierarchieebene sowie ein Referenzgeber, der an den Kandidaten berichtet hat."
"In US-amerikanischen Karriereblogs wird neuerdings empfohlen, dass Referenzgeber nicht bloß abwarten, sondern von sich aus beim Personalberater oder neuen Arbeitgeber anrufen sollen, um eine Empfehlung für den Bewerber/die Bewerberin auszusprechen. Was ist von dieser Empfehlung zu halten? Ist dieser Trend auch hierzulande zu erwarten?"
"Die Vorgehensweise im US-amerikanischen Markt unterscheidet sich deutlich von den Gepflogenheiten in Deutschland oder in Europa.
Das aktive Selbstmarketing in einem Veränderungsprozess bzw. die pro-aktive Einschaltung von Referenzgebern ist eher unüblich.
Es ist allerdings nicht unüblich, nach entsprechender Rückfrage durch den zwischengeschalteten Personalberater, gegebenenfalls einen direkten Kontakt herzustellen zwischen einem Referenzgeber und dem künftigen Arbeitgeber, so dass diese sich direkt über einen Kandidaten austauschen können."
Vielen Dank Herr van Zwoll für Ihre klärenden Antworten zum wichtigen Themenkomplex "Referenzen, Referenzgeber, Executive Search"!
Jürgen van Zwoll
Partner bei Odgers Berndtson
Kontakt: Odgers Berndtson
foto: © Odgers Berndtson
3 Fragen von Christian Püttjer & Uwe Schnierda