Darf der neue Arbeitgeber sich beim alten erkundigen

Von Püttjer - Schnierda

 

  • Ist es neuen Arbeitgebern erlaubt, bei ehemaligen Arbeitgebern anzurufen?

  • Wonach darf sich der neue Arbeitgeber erkundigen?

  • Gibt es Grenzen für  Auskünfte am Telefon?

 

In der Bewerbungspraxis kommt es regelmäßig vor, dass künftige Arbeitgeber bei früheren Arbeitgebern anrufen, um Auskünfte über den Bewerber einzuholen oder Aussagen und Selbsteinschätzungen des Bewerbers aus den Bewerbungsunterlagen oder dem Vorstellungsgespräch zu überprüfen. Ist diese Vorgehensweise zulässig?

 

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Ist der Anruf beim alten Arbeitgeber überhaupt erlaubt?

Die erste Frage, die sich Bewerberinnen und Bewerber in diesem Zusammenhang stellen, lautet meist "Darf ein neuer Arbeitgeber überhaupt beim früheren Arbeitgeber anrufen, um Auskünfte einzuholen?".

Eine eindeutige gesetzliche Regelung gibt es hier leider nicht. Allerdings gilt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, aus dem sich ergibt, dass in Deutschland jeder Einzelne selbst über die Preisgabe und die Verwendung seiner personenbezogenen Daten bestimmt.

Weiter wird auf das "Umittelbarkeitsgebot" verwiesen, wonach personenbezogene Daten unmittelbar beim Betroffenen erhoben werden sollen.

Daher ist davon auszugehen, dass ein Anruf beim früheren Arbeitgeber ohne Einwillung des Bewerbers nicht zulässig ist. Auch wenn zu beobachten ist, dass in der Bewerbungsrealität dennoch häufig ohne ausdrückliche Zustimmung angerufen wird.

 




Bewerbung: Anruf beim alten Arbeitgeber

Typische Gründe für einen Anruf des neuen beim alten Arbeitgebers sind Fragen

  • zu mißverständlichen oder unterdurchschnittlichen Formulierungen in Arbeitszeugnissen des Bewerbers,

  • zu merkwürdigen Angaben im Lebenslauf,

  • zu widersprüchlichen Aussagen im Vorstellungsgespräch,

  • zum Leistungsvermögen,

  • zu den tatsächlichen Einsatzgebieten und den dazugehörigen Tätigkeiten,

  • zum persönlichen Verhalten gegenüber ehemaligen Vorgesetzten und Kollegen,

  • zum Führungsverhalten und zur Führungsleistung,

  • zu Ausfällen wegen Krankheit

  • und insbesondere zum Ablauf oder den Gründen einer Kündigung.

 




Was darf der alte Arbeitgeber sagen? Und was nicht?

Der frühere Arbeitgeber ist nicht verpflichtet am Telefon Auskunft zu geben. Geht er aber auf die Erkundigungsversuche des neuen Arbeitgebers ein, hat er genauso wie beim Arbeitszeugnis auf die Balance zwischen der Wahrheitspflicht auf der einen Seite und der Wohlwollenspflicht auf der anderen Seite zu achten (Bundesarbeitsgericht, BGH 26.11.1963 - VI ZR 221/62).

Aus dieser Vorgabe kann durchaus gefolgert werden, dass der ehemalige Arbeitgeber nicht von seinen Aussagen im bereits erstellten Arbeitszeugnis abweichen darf.

Daher darf er also nicht schlecht über das Leistungsvermögen, das Teamverhalten, das Verhalten gegenüber Vorgesetzten oder die Führungskompetenz des früheren Mitarbeiters urteilen, wenn die Aussagen im seinerzeit erstellten Arbeitszeugnis anders lauten.

Und er darf am Telefon auch nicht neue Aussagen treffen, die die bereits gegebenen Aussagen aus dem Zeugnis quasi auf den Kopf stellen.

 

Nicht eingestellt wegen seinerzeitiger Klage

Beispielsweise hatte ein Ex-Chef eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Nachfrage des neuen Arbeitgebers "bestätigt", dass der Arbeitnehmer sich sein Arbeitszeugnis im Rahmen einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung "erstritten" hatte. Daraufhin bekam die Führungskraft die neue Position nicht.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg sah hierin eine fehlerhafte Auskunft, die in der Konsequenz zur Nichteinstellung führte und verurteilte den alten Arbeitgeber zur Zahlung eines halben Jahresgehalts (Az.: 2 Sa 144/839).

 




Wie können Arbeitnehmer negativen Auskünften vorbeugen?

Insbesondere dann, wenn Arbeitnehmer den alten Arbeitsplatz im Streit verlassen haben, kann es passieren, dass vormals gute Leistungen gegenüber Dritten am Telefon plötzlich als unzureichend und schlecht dargestellt werden.

Ein Alarmzeichen dafür können mehrere in Folge positiv verlaufene Vorstellungsgespräche sein, die alle nicht zum gewünschten Arbeitsvertrag, sondern immer nur zu einer Absage geführt haben.

Als Ultima Ratio bietet es sich an, beim ehemaligen Arbeitgeber einen Scheinanruf von einem geeigneten Dritten, beispielsweise einer Privatdetektei, durchführen zu lassen, um auf diese Weise festzustellen, ob negative Auskünfte den gewünschten beruflichen Neuanfang verhindern.

Und alle Arbeitnehmer, die - üblicherweise mit rechtlichem Beistand - einen Aufhebungsvertrag zum Arbeitsverhältnis vereinbaren, können durchaus diese sinnvolle Formulierung aufnehmen lassen.

 

"Eventuelle telefonische Nachfragen und Auskünfte neuer Arbeitgeber zur Motivation und zur Leistungsbereitschaft von Herrn ...  / Frau ... sind wohlwollend und einstellungsförderlich, entsprechend dem Arbeitszeugnis, zu beantworten."

Die meisten Arbeitgeber verstehen den "Wink mit dem Zaunpfahl" durchaus und erkennen die zwischen den Zeilen mitgeteilte Information, dass Verstöße gegen diese Vereinbarung rechtliche Konsequenzen und empfindliche finanzielle Folgen nach sich ziehen werden.

 




Selbstbewusst bewerben: Richten Sie den Blick nach vorne

Ein gutes Mittel, um Anrufen beim alten Arbeitgeber vorzubeugen, ist letztendlich auch eine entsprechend glaubwürdige Darstellung der Kündigungsgründe im Vorstellungsgespräch.

 

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Coachingtipp: Lassen Sie die Vergangenheit hinter sich

Wenn Kündigungsstress nervig ist, sollten Sie den Blick möglichst zügig wieder nach vorne richten. Sie können etwas, und andere Arbeitgeber suchen sicherlich schon jetzt Ihre Erfahrung, Ihr Wissen und Ihr Engagement.

Rufen Sie sich Ihre Stärken ins Gedächtnis. Und beginnen Sie auf dieser Basis mit Ihren Bewerbungsaktivitäten!

  • Was tun Sie gerne?

  • Bei welchen Aufgaben vergeht die Zeit wie im Flug?

  • Welche Themen interessieren Sie?

  • Wann werden Sie um Rat gefragt?

  • Was können Sie besonders gut?

  • Wo haben Sie sich weiterentwickelt?

  • Was schätzen andere an Ihnen?

 

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Mit der richtigen Mischung aus Offenheit und Ehrlichkeit auf der einen und Diplomatie und Taktik auf der anderen Seite, wird es hoffentlich gar nicht erst zu einem Anruf kommen. Wenn Sie hierbei persönliche Unterstützung benötigen, helfen wir Ihnen gerne mit einem Telefoncoaching.
 
 
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Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches 

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