Nicht ewig aufs Zeugnis warten, sondern Frist setzen ✓ 3 Musterschreiben fürs Anfordern ✓ bevor Anspruch verfällt ✓ Diese Fristen gelten ✓
Oft zu schüchtern: In unserer Beratungspraxis erleben wir es häufig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer viel zu geduldig und viel zu lange auf die Zusendung warten. Viele haben Angst davor, durch zu forsches Nachhaken oder eine klare Fristsetzung den ehemaligen Arbeitgeber zu verärgern und deshalb ein schlechtes Arbeitszeugnis zu bekommen. |
Nicht zu passiv bitte! Diese Angst ist aber meist unbegründet.
Denn Arbeitszeugnisse werden meist deshalb nicht rechtzeitig ausgestellt, weil die an der Ausarbeitung beteiligten ehemaligen Fachvorgesetzten oder die Personalabteilung diese zeitraubende und ungeliebte Zusatzaufgabe häufig vor sich herschieben.
Schließlich sind der ehemalige Kollege oder die frühere Mitarbeiterin ja nicht mehr persönlich anwesend - und deshalb nicht mehr "wichtig".
Nachhaken notwendig: Damit wird letztendlich eine negative Spirale des Abwartens in Gang gesetzt. Dies führt oft genug dazu, dass es am Ende gar kein Arbeitszeugnis gibt, was häufiger vorkommt als viele glauben. |
Vollständige Unterlagen: Damit Ihre digitale Bewerbungsmappe bei Bedarf alle dazugehörigen Unterlagen enthält, sollten Sie also durchaus etwas Druck machen. Und dabei helfen Ihnen unsere bewährten Praxistipps.
Freundlich oder energisch eingefordert: Fordern Sie das Ihnen zustehende Arbeitszeugnis rechtzeitig per E-Mail, per Brief oder im Streitfall auch per Einschreiben an. Die folgenden drei Musterschreiben helfen Ihnen dabei.
Muster 1: Freundlich formulierter Anspruch per E-Mail einschließlich Entwurf über die Arbeitsaufgaben, ohne Zeugnisbewertungen
Ihre Adresse
Firmenadresse einschließlich persönlichem Adressaten in der Firma
Ort, Datum
Sehr geehrte/r Frau/Herr ..., da mein Arbeitsverhältnis zum XX.XX.XXXX endet, benötige ich ein Arbeitszeugnis, um mich kurzfristig auf dem Arbeitsmarkt bewerben zu können. Der Einfachheit halber habe ich für Sie gleich einen Entwurf als Word-Datei beigefügt, der meine ausgeübten Tätigkeiten, Aufgaben und Zuständigkeiten beinhaltet. Dieser Entwurf muss lediglich noch um die Zeugnisbewertungen durch Sie ergänzt werden. Um meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen, bitte ich um eine schnelle Erledigung der Angelegenheit, idealerweise bis zum XX.XX.XXXX (Tagesdatum der E-Mail zuzüglich 14 Tage). Gerne stehe ich Ihnen für Rückfragen zu meinen Aufgaben zur Verfügung und freue mich darauf, für die produktive und gute Zusammenarbeit der letzten X Jahre ein entsprechendes Arbeitszeugnis zu erhalten. Mit freundlichen Grüßen Vorname Name
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Muster 2: Freundlich formulierter Anspruch per E-Mail einschließlich vollständig ausgearbeitetem Entwurf
Ihre Adresse
Firmenadresse einschließlich persönlichem Adressaten in der Firma
Ort, Datum
Sehr geehrte/r Frau/Herr ..., vielen Dank für Ihr Angebot, mein Arbeitszeugnis vorzuformulieren. Da mein Arbeitsverhältnis zum XX.XX.XXXX endet, benötige ich das Arbeitszeugnis für meine nun anstehenden Bewerbungsaktivitäten. Der Einfachheit halber habe ich für Sie, wie besprochen, einen vollständigen Zeugnisentwurf als Word-Datei angehängt. Gerne stehe ich Ihnen für Rückfragen zum Entwurf zur Verfügung und freue mich darauf, für die produktive und gute Zusammenarbeit der letzten X Jahre ein entsprechendes Arbeitszeugnis zu erhalten, mit dem ich meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt nutzen kann. Mit freundlichen Grüßen Vorname Name
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Muster 3: Energisch formulierter Anspruch per Einschreiben
Ihre Adresse
Firmenadresse einschließlich persönlichem Adressaten in der Firma
Ort, Datum
Sehr geehrte/r Frau/Herr ..., bereits mit meiner E-Mail vom XX.XX.XXXX hatte ich um zügige Übersendung meines Arbeitszeugnisses gebeten, habe aber bisher kein Zeugnis erhalten. Da mein Arbeitsverhältnis aber schon zum XX.XX.XXXX endete, benötige ich dringend ein Arbeitszeugnis, um auf passende Stellenanzeigen mit vollständigen Bewerbungsunterlagen reagieren zu können. Ein erster Telefonanruf bei einem für mich interessanten Arbeitgeber ergab bereits, dass dieser sehr viel Wert auf ein aktuelles Arbeitszeugnis legt. Der Einfachheit halber sende ich Ihnen paralell zu diesem Einschreiben einen vollständigen Zeugnisentwurf als Word-Datei zu. Als Frist für die Ausarbeitung des Arbeitszeugnisses habe mich mir den (Tagesdatum des Einschreibens zuzüglich 14 Tage) vorgemerkt. Bitte teilen Sie mir mit, wann und bei wem ich das Arbeitszeugnis innerhalb dieses Zeitraumes abholen kann. Oder übersenden Sie mir es gerne auch per Post. Ein Überschreiten der Frist könnte mit finanziellen Nachteilen für mich verbunden sein, die letztendlich Ihnen als meinem ehemaligen Arbeitgeber zugerechnet werden müssten. Diesen Konflikt möchte ich natürlich vermeiden, da er zeitraubend und überflüssig wäre. Daher hoffe ich auf eine zeitnahe Lösung des Problems. Mit freundlichen Grüßen Vorname Name
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Ein wenig Druck hilft: Damit Ihnen fehlende Arbeitszeugnisse erspart bleiben, sollten Sie rechtzeitig und höflich, aber ebenso eindeutig und energisch Ihren Anspruch formulieren.
Erst Versprochen, dann gebrochen: Denn in unserer Beratungspraxis erleben wir es oft, dass Chefs ihren Mitarbeitern
nach deren eigener Kündigung,
im Rahmen eines Aufhebungsvertrages,
am Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses,
nach einer betriebsbedingten Kündigung oder
im Rahmen eines Insolvenzverfahrens
zunächst ganz entgegenkommend ein "gutes" oder "sehr gutes" Arbeitszeugnisse zusagen.
Immer wieder verschoben: Ist der ehemals geschätzte und beliebte Leistungsträger dann allerdings weg, entschwindet sowohl die Lust als auch die Tatkraft, sich dieser anstrengenden Aufgabe zu stellen. Schließlich ist die Zeugnissprache auch für viele Vorgesetzte und auch für viele HR-Mitarbeiter doch eher ein Buch mit sieben Siegeln.
Expertentipp Gehen Sie mit einem eigenen Arbeitszeugnis-Entwurf in die Offensive. Nutzen Sie hierfür unsere Arbeitszeugnis-Muster für Führungskräfte und Fachkräfte. |
Diese Artikel aus unserer über 25-jährigen Beratungspraxis helfen Ihnen professionell weiter.
Arbeitszeugnis: 200 Formulierungen
Arbeitszeugnis: Tätigkeitsbeschreibung
Arbeitszeugnis: Gesamtnote
Arbeitszeugnis: Kündigungsgrund
Führungskraft: Managerzeugnis
Hin und her delegiert: Genauso oft kommt es vor, dass Fachvorgesetzte auf die Experten in Sachen Arbeitszeugnis aus der Personalabteilung vertrauen und die Aufgabe entsprechend delegieren. Aber auch dort sind die zeitlichen Ressourcen knapp und unangenehme Aufgaben werden dort ebenfalls gerne verschoben oder es wird ein Zeugnis mittels Arbeitszeugnissoftware erstellt, was im Ergebnis nicht selten ebenso unbefriedigend ist, wie gar kein Arbeitszeugnis.
Etwas kompliziert: Eine weitere Frage, die uns in unserer Beratungspraxis regelmäßig gestellt wird, betrifft die Ausschlussfristen. Es geht dabei darum, wie viele Monate oder Jahre nach Ende eines Arbeitsverhältnisses noch beim ehemaligen Arbeitgeber nachgehakt werden kann.
Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Es gibt nämlich
gesetzliche,
tarifvertragliche und
arbeitsvertragliche
Fristen, Ausschlussfristen und Ansprüche. Und darüber hinaus noch die
Grundsatzurteile der Rechtsprechung
zum Thema angemessene Frist.
Vertragliche Fristen: Wichtig zu wissen ist, dass beispielsweise arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen die großzügiger bemessenen gesetzlichen Fristen deutlich verkürzen können.
Gerichtsurteile: Gleiches gilt für Einschränkungen durch Grundsatzurteile der Rechtsprechung.
Hilfe vom Experten: Im Zweifelsfall sollten Sie hier juristischen Rat einholen, beispielsweise von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Eine erste vorläufige Einschätzung können Sie anhand der folgenden Informationen selber vornehmen.
Ausnahmsweise: Manche Arbeitsverträge enthalten Ausschlussfristen, die auch für Arbeitszeugnisse gelten, was den meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überhaupt nicht bewusst ist.
Allgemeine Klauseln: Heißt es beispielsweise ganz allgemein "Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis müssen innerhalb eines Monats nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls sind sie verwirkt.", gilt diese Vorgabe eigentlich auch für Arbeitszeugnisse.
Strittig: Renitente Arbeitgeber könnten auf diese Klausel verweisen und nach Ablauf der Frist die Ausstellung eines Zeugnisses verweigern. Ob diese Verweigerung vor Gericht Bestand hätte, ist eher zweifelhaft. Aber bis zu einem Rechtsstreit wollen Sie es ja gar nicht kommen lassen.
Eventuell sogar ein Vorteil: Überprüfen Sie also Ihren Arbeitsvertrag, ob er eine entsprechende Klausel enthält. Ist dies der Falll, sind Sie sogar im Vorteil. Sie können gegenüber Ihrem ehemaligen Arbeitgeber schriftlich darauf verweisen, dass sich aus der Klausel schließlich indirekt ergibt, dass Sie Ihren Anspruch zügig geltend machen müssen. Und deshalb der Arbeitgeber mit der Zeugniserstellung endlich aktiv werden soll.
Schwer zu durchschauen: Noch schwieriger ist der Sachverhalt, wenn es um Tarifverträge geht, die Ihnen womöglich gar nicht vorliegen. Auch dort können entsprechende Klauseln, die das Arbeitszeugnis betreffen, enthalten sein.
Ansprechpartner: Gegebenenfalls holen Sie sich hier Unterstützung durch den Betriebsrat, Personalrat oder durch die entsprechende Gewerkschaft.
Kein Anspruch mehr nach drei Jahren wenn gar kein Arbeitszeugnis ausgestellt wurde: Der grundsätzliche Anspruch auf ein schriftliche Arbeitszeugnis ergibt sich aus dem § 109 Gewerbeordnung/GewO. In Verbindung mit den regelmäßigen Verjährungsfristen des BGB, § 199 BGB i.V.m § 195 BGB, ist dieser Anspruch nach drei Jahren verjährt. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses entstanden ist.
Beispiel: Endet ein Arbeitszeugnis beispielsweise am 30. Juni, fängt die Verjährungsfrist mit dem folgenden 1. Januar an und endet drei Jahre später am 31. Dezember, vorausgesetzt, es gibt keine Verjährungshemmnisse.
Eingeschränkt durch Gerichte: Allerdings sollten Sie auf diese gesetzliche Frist nicht vollständig vertrauen, durch die Rechtsprechung ist sie nämlich stark gekürzt worden. Es gibt Gerichtsurteile, die den Zeitraum auf lediglich ein Jahr begrenzt haben, siehe gleich.
Verwirkung des Anspruchs auf ein Arbeitszeugnis möglich: Von besonderer Bedeutung sind hier die Urteile des Bundesarbeitsgerichtes. Beispielsweise hat es entschieden, dass jeder schuldrechtliche Anspruch der Verwirkung unterliegt und damit auch der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses grundsätzlich verwirkt sein kann. BAG vom 17.02.1988, 5 AZR 638/86.
Kein Anspruch mehr nach 1 Jahr wenn KEIN Arbeitszeugnis ausgestellt wurde: Die oben genannte gesetztliche Frist von drei Jahren hat das Landesarbeitsgericht Hamm in einem Urteil auf 1 Jahr verkürzt. Der Zeugnisanspruch sei deshalb verwirkt, weil der Arbeitnehmer nicht innerhalb eines Jahres sein Verlangen nach Ausstellung geltend gemacht habe. LAG Hamm vom 09.09.2000, Az.: 4 Sa 714/99.
Kein Anspruch mehr auf Korrekturen nach sechs Monaten bei bereits ZUGESANDTEM Arbeitszeugnis: Ist bereits ein Arbeitszeugnis ausgestellt worden und möchte der Arbeitnehmer nun Veränderungen und Ergänzungen erreichen, sollte er sich beeilen. Denn laut der Rechtsprechnung darf der ehemalige Arbeitgeber darauf vertrauen, dass der Arbeitnehmer mit dem Zeugnis dann grundsätzlich einverstanden war, wenn er längere Zeit nichts von sich hat hören lassen.
Und besonders wenig Zeit hat hier das Landesarbeitsgericht im Saarland eingeräumt, es stand einem Arbeitnehmer seinerzeit lediglich vier Wochen zu, um Nachbesserungen zu fordern. LAG Saarland vom 28.02.1990, Az.: 1 Sa 209/89.
Arbeitszeugnis trotz Kündigungsschutzklage: Weiter hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass ein fristgerecht entlassener Arbeitnehmer spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist oder bei seinem tatsächlichen Ausscheiden Anspruch auf ein Zeugnis hat. Was auch gilt, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess über die Rechtmäßigkeit der Kündigung streiten. BAG vom 27.02.1987, 5 AZR 710/85.
Hieraus ergibt sich indirekt also, dass Arbeitnehmer, die rechtlich gegen eine Kündigung vorgehen, dennoch Ansprüche auf Arbeitszeugnis haben und diese auch rechtzeitig geltend machen sollten.
Haftung bei verweigertem Arbeitszeugnis: Ebenso wichtig und nützlich ist auch das Urteil zu einem Anspruch auf Ersatz des Minderverdienstes, weil ein Arbeitnehmer nicht rechtzeitig ein Arbeitszeugnis erhalten hat. Kann der Arbeitnehmer belegen, dass dies am fehlenden Arbeitszeugnis lag, muss der ehemalige Arbeitgeber für den dadurch entstandenen Schaden aufkommen. BAG vom 26.02.1976, 3 AZR 215/75.
Fazit: Dringen Sie rechtzeitig darauf, von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine aussagekräftige und wohlwollende schriftliche Beurteilung Ihrer Arbeitsleistungen zu erhalten.
Die hier vorgestellten freundlichen E-Mail-Erinnerungen helfen ebenso, wie der energisch formulierte Text für ein Einschreiben.