❓ Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung zulässig?
❓ Welche Rolle spielt die Sozialauswahl?
❓ Und steht Ihnen bei einer betriebsbedingten Kündigung immer eine Abfindung zu?
Wenn über den "Flurfunk" im Unternehmen herauskommt, dass Ihr Arbeitgeber
müssen Sie unter Umständen damit rechnen, dass Ihnen in naher Zukunft eine betriebsbedingte Kündigung zugeht. |
Wann dürfen Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen? Beispielsweise wegen massiver Absatzschwierigkeiten, einer Restrukturierung oder anderer dringender betrieblicher Erfordernisse. Dabei werden innerbetriebliche und außerbetriebliche Gründe unterschieden.
Kündigungsschutzgesetz: betriebsbedingte Kündigung Das Kündigungsschutzgesetz (KschG) legt fest, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern dann aus betrieblichen Gründen kündigen können, wenn wegen "dringender betrieblicher Erfordernisse" der Bedarf an Arbeitsleistungen "dauerhaft" sinkt. |
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Bereiche zusammengelegt werden ("innerbetrieblicher Grund") oder wenn es massive Absatzschwierigkeiten gibt ("außerbetrieblicher Grund").
Voraussetzung für die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes ist allerdings, dass der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt und dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate gedauert hat (Kündigungsfrist in Probezeit).
Zu unterscheiden sind betriebsbedingte, verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigungsgründe.
Verhalten: Schwere Pflichtverletzungen wie unentschuldigtes Fehlen oder Arbeitszeitbetrug gehören zu den verhaltensbedingten Kündigungsgründen. Der Arbeitnehmer könnte arbeiten, aber er will nicht.
Person: Sehr lange Krankheit und eine ungünstige Krankheitsprognose können zu einer personenbedingten Kündigung führen. Der Arbeitnehmer will eigentlich arbeiten, kann aber nicht.
Kündigungspraxis: Etwa jede dritte von vier Kündigungen wird aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen.
Definition: Innerbetriebliche Gründe sind unternehmerische Entscheidungen des Arbeitgebers, die zu Veränderungen in den Abläufen, in der Produktion oder Ähnlichem führen und sich auf die Beschäftigungssituation negativ auswirken. |
Betriebsbedingte Kündigung: innerbetrieblich
Stilllegung eines Unternehmens
Zusammenlegung von Abteilungen
Restrukturierung
Verlagerung der Produktion
Einschränkung der Produktion
Umstellung der Produktion
Anschaffung neuer Maschinen
Einführung neuer Fertigungsmethoden
Insolvenz
Schließung von Filialen
Outsourcing von Arbeitsprozessen oder Arbeitsinhalten
Reduktion von Schichtdiensten, beispielsweise von Drei- auf Zweischichtbetrieb
Erhöhung der Arbeitsdichte
Auslagerung von Tätigkeiten auf Freiberufler
Übertragung der Arbeitsaufgaben auf Zeitarbeitsfirmen
Definition: Außerbetriebliche Gründe werden von außen an den Betrieb herangetragen und müssen sich unmittelbar auf die Beschäftigungssituation auswirken. |
Betriebsbedingte Kündigung: außerbetrieblich
Absatzprobleme
Mangel an Aufträgen
Umsatzrückgänge
Veränderungen in der Marktstruktur
Margenprobleme wegen zu hoher Kosten
Wegfall von Drittmitteln (Forschung)
Stellenstreichung im Haushalt (öffentlicher Dienst)
Rohstoffmangel
Entfall von Subventionen
Sanktionen auf Produkte
Es reicht nicht aus, allein auf betriebliche Erfordernisse zu verweisen, um betriebsbedingt zu kündigen. Zusätzlich müssen Arbeitgeber prüfen, ob
ein anderer, gleichwertiger Arbeitsplatz oder
ein nicht gleichwertiger Platz
im Unternehmen vorhanden sind. Dabei reicht es aus, wenn eine gleichwertige Stelle bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird. Unter Umständen kommt auch eine Weiterbildungsmaßnahme in Betracht, damit der Arbeitnehmer im Anschluss daran weiterbeschäftigt werden kann.
Grundsätzlich sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Mitarbeitern mittels einer Änderungskündigung eine Arbeitsplatzalternative anzubieten, wenn diese zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist.
Allerdings können Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet werden Kurzarbeit einzuführen, um die Weiterbeschäftigung zu sichern. Schließlich tragen sie das unternehmerische Risiko letztendlich allein.
Was bedeutet die Sozialauswahl bei betrieblichen Kündigungen?
Werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen, ist auch eine "Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern" durchzuführen.
Hierbei gelten laut § 1 Abs. 3 KSchG diese sozialen Gesichtspunkte.
Dauer der Betriebszugehörigkeit
Lebensalter
Unterhaltspflichten
Schwerbehinderung
In der Praxis werden hier Vergleichsgruppen von Arbeitnehmern gebildet, die hinsichtlich Kenntnissen, Fähigkeiten und natürlich Qualifikation austauschbar (vergleichbar) sein sollen.
Innerhalb dieser Gruppen wird dann eine Rangfolge nach Sozialpunkten vergeben.
Sozialauswahl: Beispiel Im Ergebnis kann, bei Zugehörigkeit zur gleichen Gruppe, dann beispielsweise einer 23-jährigen Mitarbeiterin, die erst kurz im Unternehmen ist und keine Unterhaltspflichten erfüllen muss, betriebsbedingt gekündigt werden. Nicht aber dem 38-jährigen verheirateten Vater von zwei Kindern, der bereits fünfzehn Jahre im Betrieb angestellt ist. |
Hat man bei betriebsbedingter Kündigung immer einen Anspruch auf eine Abfindung? Nein, aber der Arbeitgeber kann eine Abfindung anbieten, wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug keine Kündigungschutzklage erhebt.
Letztlich bekommen Arbeitnehmer also keine Abfindung für die gute und vertrauensvolle Mitarbeit der letzten Jahre oder Jahrzehnte. Sondern nur deshalb, weil es wegen der Sozialauswahl vermutlich Probleme mit der Kündigung geben wird.
Sie wissen jetzt, dass sehr viele Bedingungen zu erfüllen sind, damit eine betriebsbedingte Kündigung auch wirksam ist.
Zu prüfen ist,
ob betriebliche Gründe vorliegen,
ob diese dauerhaft sind,
ob andere Arbeitsplätze frei sind,
ob korrekte Vergleichsgruppen für die Sozialauswahl gebildet und
ob Sozialpunkte nachvollziehbar vergeben worden sind.
Daher lohnt es sich in der Regel, hier einen Fachanwalt für Arbeitsrecht heranzuziehen, der Ihre Interessen vertritt.
Denn wenn dem Arbeitgeber Fehler unterlaufen sind und sich ein langwieriger Rechtsstreit abzeichnet, wird er in der Regel einen Aufhebungsvertrag anbieten, nicht selten sogar einschließlich Abfindungszahlung.
Expertentipp: Kündigung in Bewerbung verscheigenIn unserer Beratungspraxis werden wir häufiger gefragt, ob es sinnvoll ist, eine Kündigung im Vorstellungsgespräch zu verschweigen. Grundsätzlich sind betriebliche Kündigungen unproblematisch zu erklären, da diese ja nicht auf einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers beruhen wie verhaltensbedingte Kündigungen (25 Beispiele). Unserer Erfahrung nach empfiehlt es sich im Anschreiben zunächst nur von den Anforderungen der neuen Stelle her zu argumentieren. Schließlich geht es dem neuen Arbeitgeber vorrangig darum, was Sie künftig für ihn leisten können. Wirtschaftliche Probleme Ihres alten Arbeitgebers sind dabei keine "echten" Einstellungsargumente. Überzeugen Sie also zunächst mit Ihrem Anschreiben und Ihrem Lebenslauf, später kann die betriebliche Kündigung dann im Vorstellungsgespräch als plausibler Wechselgrund genannt werden. |
Wir wünschen Ihnen gute Nerven für eventuell notwendige Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber.
Gerne berät der Bewerbungsprofi Christian Püttjer auch Sie per Videocall, telefonisch oder persönlich: Alle Beratungsangebote - auf einen Blick.