Die fünf wichtigsten Eigenschaften des menschlichen Verhaltens werden mit dem Big 5-Persönlichkeitstest abgebildet. So sagt es zumindest ein Teil der psychologischen Forschung und Anwendung.
In Assessment-Centern, die sehr oft von externen Personalberatungen durchgeführt werden, ist diese Selbsteinschätzung der eigenen Person öfter enthalten. Es gibt aber auch noch viele andere Testverfahren.
Aufgebaut ist der Big Five so, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmern zahlreiche Fragen gestellt werden, die sich jeweils auf eins der fünf Merkmale beziehen.
Viele Psychologen gehen davon, dass es relativ stabil bleibende Persönlichkeitseigenschaften gibt, die sich ab etwa dem 30. Lebensjahr kaum noch verändern.
Gut zu wissen Ein Teil der neueren psychologischen Forschung kommt hier zu anderen Ergebnissen. Demnach sind sogar noch ab dem 70. Lebensjahr, und natürlich auch davor, Änderungen in der Ausprägung individueller Persönlichkeitsmerkmale möglich. |
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soziale Verträglichkeit (anpassungsfähig)
Neurotizismus (emotionale Instabilität).
Was verstehen Psychologen im Detail unter diesen Eigenschaften?
Und wie werden sie speziell in Auswahlverfahren wie Assessment-Centern, Auswahltagen oder Potenzialanalysen unter dem Aspekt "Führungspotential" bewertet?
Hierunter verstehen Persönlichkeitsforscher eine nach außen gewandte Haltung, die durch Aktivität, Kontaktfreude, Bestimmtheit und Optimismus gekennzeichnet ist.
Spezielle Assessment-Center-Perspektive: Durchsetzungswille, Entschlusskraft, Entschiedenheit und Zukunftsglaube.
Wissbegierde, Interesse an neuen Erfahrungen, Freude an geistiger Beschäftigung, intellektuelle Neugier.
Spezielle AC-Deutung: Offen für Veränderungen und kreative Ideen, in der Lage komplexe Zusammenhänge zu erfassen, positive Risikobereitschaft.
Kooperationsvermögen, Empathie, Nachgiebigkeit, Altruismus, Hilfsbereitschaft, Kompromissbereitschaft.
Spezielle AC-Einschätzung: Vertrauen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern, soziale Verträglichkeit, freundlich, Teamplayer.
Selbstdisziplin, Zielstrebigkeit, hohe Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit.
Spezielle AC-Auslegung: Selbstkontrolle, Perfektionismus, Beherrschtheit und Leistungsmotivation.
Negative Gefühle und Gedanken, emotionale Labilität, Ängstlichkeit, Verletzlichkeit und Traurigkeit.
Spezielle AC-Beurteilung: Stressanfälligkeit, pessimistische Zukunftswahrnehmung, besorgte Grundstimmung.
Es gibt nicht den einen Big Five-Test, sondern verschiedene Variationen und Weiterentwicklungen der ursprünlichen Version. Manche Tests stellen lediglich auf zwei bis drei Merkmale ab, andere sogar auf sechs.
In Kurzversionen werden 50 Fragen gestellt, also zehn pro Merkmal und in längeren müssen 120 oder 180 Selbsteinschätzungen vorgenommen werden, also 24 beziehungsweise 36 für jedes der fünf Persönlichkeitsmerkmale.
Am glücklichsten bin ich, wenn viele Menschen mich bewundern und schätzen, was ich mache.
Über meine Zukunft grüble ich viel nach.
Meine Gefühle überwältigen mich oft.
In meinen Entscheidungen bin ich häufig unsicher.
Mit anderen Menschen bin ich gerne zusammen.
Von meinen Gefühlen werde ich häufiger hin- und hergerissen.
Ich bin ein Einzelgänger.
Neue Dinge will ich immer ausprobieren.
Ich bin eine gesprächige und kommunikative Person.
Menschen, die sagen, dass andere Aspekte wichtiger sind als Politik und Macht, kann ich verstehen.
Ich verspüre oft ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit.
Auch kleine Bußgelder sind mir sehr unangenehm.
Ich fühle mich oft unsicher.
Häufig spüre ich eine starke innere Unruhe.
Eigentlich bin ich lieber für mich allein.
Ich bin sehr diszipliniert und pflichtbewusst.
Ich bin ein freundlicher und höflicher Mensch.
Übernommene Aufgaben erledige ich sehr genau.
Auch wenn es mir nicht gedankt wird, helfe ich anderen.
Mit anderen habe ich oft Streit.
Ein ruhiges Leben ohne böse Überraschungen ist mein Traum.
Wenn ich mich geborgen fühle, bin ich zufrieden.
Hätte ich die Wahl, würde ich in meinem Leben gerne Entscheidungen mit großer Tragweite treffen.
Für mehr Macht würde ich auf vieles verzichten.
Oft mache ich mir überflüssige Sorgen.
Für mehr Respekt würde ich auf vieles verzichten.
Schon als Kind war ich ordentlich.
Ich gehe immer mit einem guten Plan vor.
Meine Bedürfnisse kann ich für andere zurückstellen.
Ich bin ausgesprochen kontaktfreudig.
Wenn Sie sich anhand der vorgestellten Aussagen einschätzen sollen, treffen Sie oft auf Ankreuz- oder Anklickmöglichkeiten dieser Art.
O trifft gar nicht zu O trifft eher nicht zu O trifft eher zu O trifft genau zu
Um den statistischen Effekt der "Tendenz zur Mitte" auszuschließen, ist eine "mittlere Position" häufig gar nicht vorhanden.
Denn immer wenn Menschen unsicher sind und sich nicht festlegen wollen, neigen sie dazu, eine vermittelnde Aussage zu treffen oder eine durchschnittliche Bewertung abzugeben.
Dieser Effekt wurde in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen festgestellt und als Fehlerquelle erkannt. Daher ist in manchen Persönlichkeitstests überhaupt keine mittlere Note enthalten.
Selbstverständlich gibt es auch viel Kritik an diesem häufig zum Einsatz kommenden Test.
Kritisiert wird beispielsweise, dass es sich um eine reine Selbsteinschätzung handelt. So können geschickte Testteilnehmer, die den Test und die dahinterstehende Konstruktion kennen, sich ganz anders präsentieren, als sie wirklich sind.
Aus diesem Grund setzen viele Unternehmen ja auch auf Assessment-Center, weil "praktische Übungen" von außenstehenden AC-Beobachtern ganz anders ausgewertet werden können als "stille Selbstbeschreibungen" durch die Person, die ja eigentlich bewertet werden soll.
Weiter wird oft bemängelt, dass Menschen durch die fünf Faktoren nur unvollständig erfasst und beschrieben werden können. Die menschliche Persönlichkeit könne in ihrer Vielfalt nicht angemessen abgebildet werden.
Die gelegentlich vertretene Ansicht, dass genetische Dispositionen (Veranlagungen) quasi garantieren, dass die sich die menschliche Persönlichkeit bis zu einem gewissen Zeitpunkt entwickelt und dann unverändert bleibt, ist mittlerweile widerlegt.
Zum einen bleiben die ermittelten Werte erst nach dem 30. Lebensjahr konstanter. Die Persönlichkeitsentwicklung ist also nicht mit dem Kleinkindalter oder der Jugendphase unveränderlich abgeschlossen.
Und zum anderen wurde wissenschaftlich festgestellt, dass mit zunehmender Lebenserfahrung im höheren Alter eine beobachtbare Veränderung der Persönlichkeit erkennbar ist.
So sollen die Werte für Offenheit im Alter eher abnehmen und die für Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit eher zunehmen.
eigene Fragen an neue Arbeitgeber
Die Versprechungen von Personalberatungen wirken häufig sehr "marketingaffin".
Wenn von "Experten" aus der angewandten Arbeits- und Organisationspsychologie ohne Bedenken zugesichert wird, dass mit einem Big Five-Onlinetest innerhalb von zehn Minuten festgestellt werden kann, ob eine Kandidatin oder ein Kandidat über Führungspotential verfügt oder eben nicht, wirkt dies doch eher unglaubwürdig, unseriös und eigentlich auch unverantwortlich.
Angehenden und gestandenen Führungskräfte, die in Personalauswahlverfahren (Bewerbung) oder Personalentwicklungsmaßnahmen (Führungskräftepotential) auf diesen psychologischen Test treffen, empfehlen wir, gegebenenfalls gute Miene zum bösen Testspiel zu machen.
Betonen Sie Ihre Extraversion, damit Ihre Entschlusskraft deutlich wird.
Achten Sie darauf, dass Ihre Offenheit für Veränderungen und neue Entwicklungen, Ihre Gewissenhaftigkeit bei der Erledigung beruflicher Aufgaben und Ihre Verträglichkeit Umfang mit anderen deutlich werden.
Und verzichten Sie auf eine pessimistische Zukunftswahrnehmung, da ein ausgeprägter Neurotizismus-Faktor als ein Signal für Misserfolg in der Führungsaufgabe gedeutet wird.
Für Ihr Assessment-Center wünschen wir Ihnen viel Erfolg!
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