Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung? Drei oder eine?

Von Püttjer - Schnierda

Automatische Kündigung nach drei ✓ fristlos ohne vorherige Abmahnung ✓ keine, leichte oder schwerwiegende Pflichtverletzung ✓ Wie viele nötig? ✓

 

Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Die weit verbreitete Auffassung, dass erst drei Abmahnungen erforderlich sind, damit gekündigt werden kann, ist falsch.

 




Kündigung ohne eine einzige Abmahnung

So gab es erst kürzlich den Fall, dass ein Mitarbeiter (und auch noch Schwiegersohn) seinen Chef (und Schwiegervater) als „arbeitsscheu“ beleidigte. Weiter drohte er mit dem „Verrat von Betriebsgeheimnissen“.

Hier bestätigte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in der Berufung das erste Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtens sei. LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 17.11.2016.

 




Drei Abmahnungen und keine Kündigung

Andererseits ist denkbar, dass ein Arbeitnehmer 3 Mal fünf Minuten zu spät zur Arbeit erscheint, allerdings gestreckt über einen Zeitraum von vier Jahren.

Selbst wenn der Mitarbeiter für dieses Zuspätkommen jedes Mal eine Abmahnung erhalten hätte, würde auch eine vierte Wiederholung des Fehlverhaltens von den Arbeitsgerichten kaum als Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung akzeptiert werden.

Es kommt also letztendlich immer auf den Einzelfall und die Schwere des Vorwurfs an.

 




Zwei oder drei Abmahnungen an einem Tag oder in einer Woche

Als Bewerbungsberater erfahren wir häufiger davon, dass Arbeitnehmer regelrecht aus Betrieben gemobbt werden sollen. Dann kommt es vor, dass mehrere Abmahnungen ausgesprochen werden, die sich auf angebliches Fehlverhalten an einem Tag beziehen.

So sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Nervenkrieg eingeschüchtert werden und auf diese Weise dazu bewegt werden, selbst zu kündigen (Eigenkündigung).

Es ist aber so, dass Arbeitsgerichte Abmahnungen in Kündigungsschutzprozessen häufig für ungültig erklären. Beispielsweise, weil sie nicht konkret genug formuliert sind oder das Verhalten gar nicht pflichtwidrig war.

Stehen drei Verhaltensweisen in einer einzigen Abmahnung von denen ein Verhalten nicht wirksam abgemahnt werden darf, ist die ganze Abmahnung hinfällig. Daher sprechen manche Arbeitgeber für jedes aus ihrer Sicht pflichtwidrige Verhalten jeweils eine schriftliche Abmahnung aus.

 




Abmahnung unterschreiben: Grundsätzlich nur die Übergabe

Beim Thema Abmahnung steht immer die Frage: „Muss ich eine Abmahnung unterschreiben?“ im Raum.

Insbesondere dann, wenn der Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens vom Arbeitnehmer als ungerechtfertigt empfunden wird.

Hier sollten Arbeitnehmer wissen, dass sie niemals verpflichtet sind, eine Abmahnung inhaltlich zu bestätigen.

Wenn eine Unterschrift vom Arbeitgeber verlangt und vom Arbeitnehmer geleistet wird, sollte dies besser nur in dieser Form erfolgen: „Erhalten am 20.10.2017 (Datum), Unterschrift“.

 

 

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Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, kann der Gang zum Fachanwalt für Arbeitsrecht durchaus sinnvoll sein.

Weiter sollten Sie überlegen, ob ein Unternehmen, dass Konflikte nicht im direkten Gespräch mit Ihnen klärt, sondern „formaljuristisch“ gegen Sie vorgeht auf mittlere Sicht überhaupt der passende Arbeitgeber für Sie ist.

Mit anderen Worten: Prüfen Sie, ob Sie sich nicht lieber bei einem anderen Arbeitgeber bewerben möchten.

 

 

Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches 

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