Sollten Sie das "Du" im Vorstellungsgespräch ablehnen? Wie stimmen Sie sich mental auf das "Du" ein? Und warum wird eigentlich immer mehr geduzt?
Wenn Sie gelegentlich die Werbespots eines großen schwedischen Möbelkonzerns im Fernsehen gesehen oder im Radio gehört haben, werden Sie wahrscheinlich registriert haben, dass dieser seine Kunden schon länger konsequent duzt.
Die lockere Ansprache wird neuerdings von immer mehr Firmen gegenüber Kunden eingesetzt. Aber nicht nur dass, auch im Bewerbungsverfahren scheint das Duzen stark auf dem Vormarsch zu sein.
Hierfür gibt es zumindest in Schweden handfeste Gründe, beispielsweise wird dort nur die Königsfamilie gesiezt, genauer gesagt in der dritten Person angesprochen: "Möchte die Königin diesen Platz einnehmen?"
Festzstellen ist, dass das Du im schwedischen Alltag und auch Berufsleben durchweg üblich und gängig ist. Und auch in anderen skandinavischen Ländern ist man weitaus weniger förmlich als im deutschen Sprachraum. Die Ansprache erfolgt ebenfalls über den Vornamen und das "Du".
Aktuell setzen auch Unternehmen im deutschen Sprachraum immer häufiger gezielt das "Du" in der Kundenkommunikation ein, um als jugendlich, modern und hip zu gelten.
Und dieses lockere Image wird dann genauso über Stellenausschreibungen in Jobbörsen oder auf der Firmenhomepage transportiert, indem neue Mitarbeiter in der Du-Form angesprochen werden. Wie Sie darauf in Ihrem Anschreiben reagieren können, erfahren Sie übrigens hier.
Bewerberinnnen und Bewerbern jenseits der 30 fällt das plötzliche Duzen im sonst eher als formal und seriös wahrgenommenen Bewerbungsverfahren oftmals schwer.
Dies liegt nicht nur daran, dass sie die lockere Ansprache in einer Firma zu einem derart frühen Zeitpunkt meist nicht gewohnt sind. Auch Fragen rund um die Firmenhierarchie und die übliche Etikette spielen hier eine Rolle.
Beispielsweise gilt eigentlich, dass in der Firmenhierarchie höher gestellte Mitarbeiter den niedriger gestellten das "Du" vorschlagen. Daher reagieren Bewerber um eine Position als Abteilungsleiter durchaus überrascht, wenn sie beim ersten persönlichen Kontakt von einem Personalassistenten ohne Vorwarnung geduzt werden.
Weiter gilt die Etiketteregel, dass eine Frau einem Mann das "Du" anbietet, wenn beide etwa gleichaltrig sind. Geht also in einem Vorstellungsgespräch die Initiative für das "Du" vom Mann aus, könnte eine Frau dies als vorschnelle Annäherung interpretieren und sich eher überfordert fühlen.
Sollte in einer Stellenanzeige offensiv geduzt werden, ist dies ein klares Signal dafür, dass auch in sich anschließenden Telefoninterviews oder Vorstellungsgesprächen nicht gesiezt, sondern geduzt wird.
Stellen Sie sich in diesem Fall daher mental darauf ein, dass die Du-Form von Beginn an eingesetzt wird.
Geht Ihnen das "Du" nicht so leicht über die Lippen, sollten Sie ruhig aussprechen, dass Sie sich an den kollegialen Umgangston im Vorstelungsgespräch erst noch gewöhnen müssen.
Sagen Sie beispielsweise "Ganz ehrlich, ich muss mich erst etwas an das Du gewöhnen. So kannte ich das bisher nicht in Vorstellungsgesprächen." oder "Schön, dass hier unter Kollegen das Du von Anfang an üblich ist. Werden die Chefinnen und Chefs denn auch alle von Anfang an geduzt?".
Ungünstig für den weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahrens wäre eine Zurückweisung des angebotenen "Du".
Wer schroff entgegnet "Ich möchte nicht so schnell geduzt werden, da fehlt mir die nötige Distanz im Berufsalltag.", signalisiert damit allzu deutlich, dass er oder sie einen wesentlichen Teil der Unternehmenskultur ablehnt. Damit ist ein negatives Ergebnis des Vorstellungsgesprächs üblicherweise vorprogrammiert.
Dies muss allerdings nicht in jedem Fall schlecht sein, schließlich soll nicht nur der Bewerber zum Unternehmen passen, sondern auch das Unternehmen zum Bewerber.
Weiter wichtig ist es, die eigenen Fragen ans Unternehmen ebenfalls im Vorfeld vorzubereiten. Auch diese werden dann ja in der Du-Form gestellt, was entsprechend vorbereitet und eventuell auch eingeübt werden sollte. Insbesondere dann, wenn auch detailliertere oder kritischere Nachfragen geplant sind.
Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches
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