Die Frage, ob die Elternzeit, früher Erziehungsurlaub genannt, einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis erwähnt werden darf, wird uns regelmäßig gestellt.
Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Köln überraschenderweise entschieden, dass bei einer rund sechsjährigen Beschäftigungsdauer insgesamt die Elternzeit von einem Jahr Dauer erwähnt werden darf. LAG Köln, Urteil vom 04.05.2012, Az.: 4 Sa 114/12.
Begründet wurde dies vom LAG Köln damit, dass erhebliche Ausfallzeiten im im Arbeitszeugnis dokumentiert werden dürfen, weil sonst bei bei Dritten der falsche Eindruck entstehen könnte, dass der beurteilte Mitarbeiter durchgehend für den Arbeitgeber tätig war.
Mit gleicher Begründung aber ganz anderem Ergebnis die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.05.2005.
Das BAG vertrat seinerzeit die Auffassung, dass eine Ausfallzeit durch Erziehungszeit normalerweise nicht im Zeugnis erwähnt werden darf, es sei denn, besondere Gründe liegen vor.
Im vom BAG zu entscheidenden Fall ging es nämlich um ein Arbeitsverhältnis, das insgesamt 50 Monate lang dauerte, davon war der Arbeitnehmer über 30 Monate lang in Elternzeit.
Lediglich dieses gravierende Mißverhältnis von tatsächlicher Beschäftigungsdauer und Elternzeit durfte laut BAG erwähnt werden. Sonst würde für Dritte ein unzutreffendes Bild der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen entstehen.
BAG, Urteil vom 10.05.2005, Az.: 9 AZR 261/04
Grundsätzlich sind Gerichtsurteile immer Entscheidungen zu einem Einzelfall.
Daher sind die besonderen Gründe für die Nennung der Elternzeit im strittigen Fall wichtig. Das Landgericht hatte bei der Klärung des Streits um das Arbeitszeugnis abzuwägen zwischen der Wahrheitspflicht und der Wohlwollenspflicht.
Einerseits ergibt sich aus der Wahrheitspflicht der Grundsatz, dass Arbeitszeugnisse künftige Arbeitgeber über den tatsächlichen Leistungsstand der Arbeitnehmerin beziehungsweise des Arbeitnehmers zu informieren haben.
Aus der Wohlwollenspflicht wird andererseits gefolgert, dass das weitere berufliche Vorankommen des Beurteilten nicht unnötig erschwert werden darf.
Hier hat sich das Landgericht darauf berufen, dass die Arbeitnehmerin in einem Unternehmen der Softwarebranche angestellt war und zum Ende des Arbeitsverhältnisses länger als ein Jahr nicht mehr im Betrieb war.
Da die Entwicklungen in der Softwarebranche aber sehr schnell seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmerin nicht mehr auf dem aktuellen beruflichen Stand sei.
Daher habe der Arbeitgeber zumindest das Recht künftige Arbeitgeber über diesen "Makel" zu informieren. Siehe hierzu auch: Kinder im Lebenslauf nicht angeben.
Weiter wollte die Arbeitnehmerin wegen der erwähnten Elternzeit eine Entschädigung für die behauptete geschlechtsbezogene Diskriminierung.
Der Arbeitgeber entfernte daraufhin die Erwähnung der Elternzeit im Zeugnis, eine zusätzliche Geldentschädigung gab es aber nicht.
Obwohl die Elternzeit also im strittigen Fall gar nicht mehr im Arbeitszeugnis enthalten ist, hält das Landgericht Köln dennoch daran fest, dass die Elternzeit in diesem besonderen Fall erwähnt werden durfte.
Zwischenbeurteilung: Unserer Erfahrung nach sollten Sie in jedem Fall die Gelegenheit für ein Zwischenzeugnis nutzen, wenn Sie in Elternzeit gehen. Vorteil für Sie: Dieser Ausstellungsgrund ist allgemein anerkannt.
Außerdem wissen Sie nicht, wie wohlgesonnen man Ihnen nach Ihrer Rückkehr noch am Arbeitsplatz sein wird.
Wenn Sie also aktuell einen guten Draht zu Ihrer Vorgesetzten oder Ihrem Vorgesetzten haben, bietet es sich an, einen eigenen Entwurf zu erstellen, der zumindest Ihre Arbeitsaufgaben und ausgewählte berufliche Erfolge enthält.
Damit Sie es bei dieser Aufgabe leichter haben, können Sie unsere Muster für Zwischenzeugnisse nutzen.
Insidertipp: Auch wenn die Elternzeit der eigentliche Ausstellungsgrund ist, kann im Zeugnis statt "Dieses Zwischenzeugnis wird aufgrund des Beginns der Elternzeit ausgestellt." auch alternativ vermerkt werden "Dieses Zwischenzeugnis wird wegen der langjährigen Mitarbeit in unserem Unternehmen ausgestellt."
Denken Sie auch daran, dass es eine Bindungswirkung von Zwischenzeugnissen gibt, die sich zu Ihrem Vorteil auswirken kann, wenn es nach Ihrer Rückkehr Probleme am alten Arbeitsplatz gibt.
Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches
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